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27.01.2023 | 5 Minuten Lesezeit
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Eine stetig wachsende Auswahl an digitalen Sammlungsobjekten des Museums für Naturkunde steht allen Interessierten im Datenportal frei zugänglich zur Verfügung. Welche kreativen oder experimentellen Möglichkeiten ergeben sich aus diesem Angebot und wie könnten Beispielprojekte aussehen? Gemeinsam mit neun internationalen Masterstudierenden der ifs Internationale Filmschule Köln gingen wir dieser Frage nach. Das Datenportal wurde hierbei erstmals zum Bestandteil eines Hochschullehrplans.
Seit 2017 arbeitet das Team des Mediasphere For Nature Labs mit zahlreichen Kooperationspartnern an Projekten, bei deren Umsetzung digitale Medien des Museums für Naturkunde nachgenutzt werden. In einer aktuellen Kooperation mit der
Für das Mediasphere Team war die Zusammenarbeit besonders wertvoll, da wir hierdurch Feedback zur Handhabung des Datenportals von einem kreativ ausgerichteten Hochschul-Kooperationspartner erhielten. Auch sehen wir einen Mehrwert darin, dass es sich bei dem Masterprogramm um einen international ausgerichteten Studiengang handelt. So kommen die Studierenden der aktuellen Kohorte aus Tansania, Pakistan, Sierra Leone, Indien, Iran, Rumänien, Russland, Belgien und Ägypten/Kanada. Projekte mit Beteiligten aus aller Welt bieten die Möglichkeit, eine differenzierte Sicht auf unsere digitalen Sammlungsobjekte zu demonstrieren und somit frische Impulse zu liefern.
Lena Thiele, Professorin für Digital Narratives – Art & Design, kam im Frühjahr 2021 auf das Mediasphere Team zu mit der Idee, im Rahmen des Masterstudiengangs „Digital Narratives“ zu kooperieren. Bekannt war uns Lena bereits in ihrer Rolle als Autorin und Creative Director des Berliner Medienunternehmens Miiqo Studios UG. Für das international erfolgreiche crossmedia Projekt „
Ein zentraler Aspekt der aktuellen Kooperation war, den Studierenden die innovative Auseinandersetzung an der Schnittstelle von Wissenschaft, Storytelling und digitalen Technologien zu ermöglichen. Dabei konnten die Studierenden vor allem durch die Nutzung des umfangreichen Datenportals das kreative Potential wissenschaftlicher Daten untersuchen und so z.B. mit Hilfe digitaler Technologien narrative Konzepte und Prototypen entwickeln. Die Dozierenden entschieden, sich im Rahmen der Kooperation auf zwei Datensätze aus dem Datenportal zu fokussieren: rund 10.000 hochaufgelöste Scans von Insektenkästen sowie ca. 3.000 historische Skizzen und Zeichnungen von mikroskopisch kleinen Organismen des Forschers Christian Gottfried Ehrenberg.
Ausgangsbasis der Production Exercise war ein Besuch der Studierenden am Museum für Naturkunde Berlin Anfang Oktober 2022. Vor Ort im Museum hatten die Studierenden während eines 2-tägigen Workshops die Möglichkeit, von Wissenschaftlerinnen und Expertinnen fachbezogene Informationen zu den jeweiligen Datensätzen zu erhalten. Behind-the-scenes-Touren in die Sammlungs- und Digitalisierungsbereiche waren ebenso Bestandteil des Workshops wie eine Highlight-Tour in den Ausstellungsräumen des Museums oder Diskussionsrunden und Q&A Sessions.
Fachwissen zum Datensatz „Insektenkästen“ wurde durch unseren Digitalisierungsexperten Bernhard Schurian und den Leiter der Abteilung Sammlungsdigitalisierung Dr. Frederik Berger vermittelt. Bernhard- erklärte hierbei zunächst im Saal der Ausstellung „
Im Anschluss ging es in die sonst für Besucher verschlossene Lepidoptera Sammlung (Schmetterlinge). Dort wurden einige Highlights der Sammlung präsentiert sowie allgemeine Informationen über die Aufbewahrung in Sammlungskästen weitergegeben.
Frederik Berger gab zunächst eine allgemeine Einführung in die Sammlungserschließung und -entwicklung des Museums, ehe er den Studierenden den DISC3D-Scanner vorstellte. Dieser Scanner wird dazu verwendet, digitale 3D-Modelle von Insekten zu erstellen.
In den Räumlichkeiten der Mikropaläontologie-Sammlung wurden die Studierenden von Dr. David Lazarus empfangen. Dort erhielten sie die Möglichkeit, einige der historischen Zeichnungen von Christian Gottfried Ehrenberg im Original zu betrachten.
Neben einer kurzen Einführung zum Thema Mikropaläontologie lieferte David auch Hintergrundinformationen über den Forscher Ehrenberg selbst sowie zur Bedeutung seiner historischen Sammlung. Die Studierenden hatten außerdem die Möglichkeit, einige Mikroorganismen aus der Sammlung unter dem Mikroskop zu betrachten.
Die angebotenen Highlight-Vorträge, Behind-the-scenes Touren und das haptische Erleben von Teilen der Museumssammlung wurde als eine große Bereicherung betrachtet. Der Besuch vor Ort hat den Studierenden die Entwicklung eines direkten und emotionalen Bezugs zu den sonst nur digital erfahrbaren Datenpaketen des Datenportals ermöglicht.
Wenn ich es zusammenfassen müsste: kindliches Staunen. [Die] Backstage-Tour durch das Museum […] Ich habe mich wie ein Kind gefühlt.
—Stefania Matache
Mit zahlreichen Eindrücken im Gepäck kehrte die Gruppe nach zwei Tagen Workshop zurück nach Köln. In drei Teams à drei Studierenden, stand nun die Phase der Ideenfindung und Entwicklung von Prototypen an. Es galt, einen erfahrbaren Prototyp für eine Projektidee auf der Grundlage der beiden vorgestellten Datensätze zu erstellen. Diese Phase wurde begleitet vom Testen neuer Technologien und Input Sessions mit Experten, z.B. eine Vorlesung über UX und Audience Centered Design mit Markus Santner, die auf die Ziele der Production Exercise zugeschnitten war. Ebenso wurden Konzepte wie Immersion, Interaktion und Virtual Reality präsentiert. Abgesehen von der Verwendung der Museums-Datensätze gab es für die Studierenden völlige Freiheit in Bezug auf Projektart und Prototypgestaltung.
Um die Ideen- und Projektfindung voranzutreiben, wurden unterschiedliche Übungen durchgeführt, z.B. Rapid (Paper) Prototyping ohne Technologie. Hierbei wurden Ideen mit Hilfe von Materialien wie Pappe oder Stoffen in kurzer Zeit in anschauliche und greifbare Modelle umgesetzt und in Feedbackrunden diskutiert. Auch wurden unterschiedliche Technologien und Darstellungsformen getestet, z.B. Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR), 360°, lineare Videos, Audio- und interaktive Performances, interaktive Videos oder Social Media Projekte.
Für die Transformation der Papier-/Pappmodelle in technisch funktionierende Prototypen standen lediglich drei Arbeitstage zur Verfügung. In der Umsetzungsphase entschieden sich die drei Teams dazu, jeweils unterschiedliche Technologien für ihre Prototypen zu verwenden. Neben einem VR-Projekt entstanden außerdem eine taktile audiovisuelle Installation sowie eine interaktive Projektion.
Zum Ende der knapp dreiwöchigen Production Exercise wurden alle drei Projekte in einer hybriden Online-Präsentation vorgestellt. Dabei waren vor Ort in Köln die Studierenden, Professoren, Dozierenden sowie weitere Vertreter der Filmschule anwesend. Zugeschaltet aus Berlin kamen insgesamt sieben Vertreter des Museums für Naturkunde hinzu. Wie schon zu Beginn der Projektphase festgelegt, wurden die Projekte ganz gezielt als „work in progress“ und nicht als fertig ausgearbeitete Produkte präsentiert.
Die Studierenden Gwamaka Mwabuka, Stefania Matache und Zubair Ashraf ließen sich durch den Datensatz „
Daniel Bangura, Pratima Pal und Samar Nahas basierten ihr Projekt auf dem Datensatz “
Das Team um Laurien Michiels, Media Haqshenas und Pavel Sitnikov stellte den Prototyp für eine taktile audiovisuelle Installation vor. Inspiriert vom Mediasphere-Projekt „
Detailliertere Informationen zu den einzelnen Projekten sowie eine Auswahl an kurzen Videoclips mit Projektpräsentationen können auf der
Die Umsetzung der Kooperation mit dem ifs-Studiengang „Digital Narratives“ unterstützt die Ziele des MfN-Zukunftsplans und des Mediasphere For Nature Labs in mehrfacher Hinsicht. Zum einen demonstriert sie, welche diversen Möglichkeiten die Digitalisierung von Sammlungsobjekten bietet und liefert so z.B. frische Impulse und alternative Sichtweisen auf die Sammlung. Zum anderen kann durch die Kooperation das Storytelling mit digitalen Medien des MfN gezielt in den Fokus gerückt werden. Hierbei hilft besonders die langjährige themenbezogene Erfahrung der ifs-Dozierenden mit sowohl universitären als auch außer-universitären Projekten. Durch einfach zugängliche Storytelling-Formate kann die digitale Sammlung Zugang zu einer größeren Öffentlichkeit finden und somit weitere Ziel- und Interessensgruppen ansprechen.
Nach erfolgreichem Abschluss der Production Exercise wird von beiden Seiten angestrebt, die Kooperation fortzuführen und auch mit folgenden Jahrgängen des „Digital Narratives“ Masterstudiengangs zusammenzuarbeiten. Die stetig wachsende Anzahl von Datensätzen im Datenportal bietet auch den zukünftig Studierenden eine reizvolle und abwechslungsreiche Erforschung des kreativen Potentials unserer digitalen Medien. Und wir freuen uns jetzt schon über neue, experimentelle und spannende Projektideen.
Doch zunächst planen wir, dem aktuellen „Digital Narratives“ Jahrgang im Rahmen eines Mediasphere-Meetups im Frühjahr 2023 die öffentlichkeitswirksame Präsentation ihrer Projekte zu ermöglichen und dabei in den Austausch mit unserem Innovationsnetzwerk zu treten. Wir werden berichten!