Your Ocean Sound – Portrait: Artur Sommerfeld

Christel Clerc

Von Christel Clerc
22.06.2021 | 5 Minuten Lesezeit

Im Frühjahr dieses Jahres riefen wir den Hackathon „Your Ocean Sound“ aus. 130 Audiodateien mit biotischen und abiotischen Meeresgeräuschen inspirierten die Teilnehmenden zu fast 30 Kompositionen. In diesem letzten Beitrag der Serie stellen wir Euch den Teilnehmer Artur Sommerfeld vor.

Artur Sommerfeld (3. Platz) – Singing ice

Artur Sommerfeld - Singing ice

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Lizensiert unter: CC BY-ND | Im Datenportal öffnen

Portrait

Artur empfängt mich digital in seinem Studio in Berlin Kreuzberg, und ich bekomme erstmal eine Führung. Mikros, Instrumente, hängende Kabel und viele Gegenstände, die mir fremd sind und die ich nicht benennen kann. Mit seinem elektronischen Klavier kennt er keine Grenzen. Hier vertont er u.a. Filme und Werbeclips. Seine Interessen liegen vorwiegend in Musikkomposition und Vertonungen von Film. Darüber hinaus ist er auch Sound Designer, arbeitet viel mit professionellen Sprecher*innen für Radio und TV und kreiert Klanginstallationen im musealen Zusammenhang. Seine Expertise setzt er bevorzugt für künstlerische Inhalte ein. Deswegen hat er auch am Your Ocean Sound Hackathon teilgenommen und hierbei den dritten Platz erreicht.

Artur spielt Klavier, seit er 10 Jahre alt ist. Seitdem schätzt er dieses mächtige Instrument als ein Werkzeug, mit welchem er Themen ergründet und sich ausdrückt. Zunächst, auch getrieben vom gesellschaftlichen Druck, etwas „Richtiges“ machen zu müssen, geht er seinem Interesse für Wissenschaft und Technik nach und studiert Maschinenbau. Jedoch entscheidet er sich später für seine eigentliche Leidenschaft: die Musik. Als Quereinsteiger arbeitet er jahrelang als Sound Designer und Komponist in einem Berliner Tonstudio. Vor ein paar Jahren hat er den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. https://www.sommerfeldstudio.com/) gewagt und arbeitet parallel auch an seinem privaten Künstler-Projekt!

Wir wissen alle, wie es sich in einem Wald anhört. Aber ich war überrascht, wie Tiergeräusche unter Wasser klingen – eine komplett neue Welt eröffnet sich!

—Artur Sommerfeld

© Miriam Ewering
© Miriam Ewering

Artur, erzähl uns mehr über Deine eingereichte Komposition.

Interessiert haben mich zuerst die Klänge der riesigen Artenvielfalt und ihre eigenartigen Sounds. Dann kam der Lärm – mir ist aufgefallen, dass ich es mit zwei verschiedenen menschenverursachten Lärmquellen zu tun hatte: direkte und indirekte. In meiner Komposition „Singing ice“ begegnen sich Klänge aus beiden Quellen. Mit direktem Lärm meine ich beispielsweise Motorgeräusche von Schiffen etc., während „indirekte“ Geräusche von brechendem und kollabierendem Eis infolge der anthropogen verursachten globalen Erwärmung entstehen. Das Geräusch der aneinander reibenden Gletscher assoziiere ich mit Sirenen, und es war die Inspiration für den Titel meiner Komposition „Singing ice“. In meinem Stück lag es mir am Herzen, den Ernst der Lage zu vermitteln, und so habe ich deshalb versucht, eine dystopische und alarmierende Atmosphäre zu schaffen. Die Sirenen erinnern an eine Kriegsszene.

Die Kernbotschaft in meinem Lied ist die ernst zu nehmende Situation, in der wir uns schon lange befinden. Der durch die Menschen verursachte Lärm, der die Tiere negativ beeinflusst, ist ein Thema, das andere ist offensichtlich der Klimawandel! Wenn uns nicht langsam bewusst wird, was wir anrichten und Dinge grundsätzlich ändern, wird die Dystopie, die ich hier versuche zu beschreiben, zur Realität (wenn sie das nicht schon lange ist).

Wie war Deine Erfahrung mit dem Hackathon? Was hat Dir daran besonders gefallen und was nicht?

Ich fand das Konzept sehr schön, durch eine musikalische Auseinandersetzung mit den Geräuschen der Tiere, der Natur und der Umgebung eine Brücke zwischen Kunst und Wissenschaft zu bilden. Forscher:innen nehmen diese Tonaufnahmen evtl. ganz anders wahr. Ich denke, dass es für sie spannend sein könnte, wie ein:e Musiker:in diese wahrnimmt und benutzt. Darüber hinaus empfand ich die Organisation des Hackathons als super und das Mediasphere-Team als sehr freundlich!

Das Datenportal war einfach zu nutzen. Besonders gefallen hat mir die Standortfunktion, die auf den Ort der Aufnahme hinweist. Ich hätte mir eine Funktion gewünscht, die das Herunterladen von mehreren Sounds auf einmal ermöglicht. Das würde etwas Zeit sparen.

Welche Klänge würdest Du gerne im Datenportal haben?

Generell wünsche ich mir im Datenportal Tonaufnahmen anderer Tierarten und nicht nur von Unterwassertieren. In meiner Praxis als Sound Designer nutze ich öfter Tierklänge, wenn ich Filme oder Videos vertone. Wenn ich in der Zukunft nach Tiergeräuschen suchen müsste, würde ich intuitiv ans Museum für Naturkunde denken!

Das Tierstimmenarchiv des Museums für Naturkunde Berlin ist weltweit eine der ältesten und umfangreichsten Sammlungen von Tierstimmen, welche teilweise auch über das Datenportal abrufbar sind.

Warum hast Du dich für die Teilnahme entschieden?

Wegen der Thematik. Mein Herz schlägt für die Naturwissenschaft!

Was hat Dich besonders an den Unterwassergeräuschen gereizt?

Vor allem fand ich spannend, Geräusche zu entdecken, die wir im Alltag so nicht wahrnehmen. Wir wissen alle, wie es sich in einem Wald anhört. Diese Erfahrung können wir leicht selbst machen. Aber ich war überrascht, wie Tiergeräusche unter Wasser klingen – eine komplett neue Welt eröffnet sich. Robben klingen so, wie man sich vielleicht die Klänge von Aliens vorstellt! Wir Menschen, haben wenig Bewusstsein für Meeresklänge. Diese Welt möchte ich weiter ergründen.

Würdest Du an einem weiteren Musik-Hackathon teilnehmen?

Ich habe mich sehr gefreut, dass ich in die enge Auswahl gelangt bin und bin gerne wieder dabei!

In dieser Serie haben wir einige Teilnehmende des Hackathons zu Wort kommen lassen und auf verschiedenen Ebenen zugehört. Dem Mediasphere-Team ist es wichtig, zu neuen Narrativen mit den sammlungsbezogenen Medien zu inspirieren und wissensbasierte Gespräche um gegenwärtige Themen anzuregen. Durch den Musik-Hackathon haben wir vielfältige Perspektiven auf Unterwasserlärm kennengelernt. Mit dem neuen Music Player des Datenportals, den wir Euch im nächsten Blogbeitrag vorstellen werden, könnt Ihr alle Aufnahmen nochmal gesammelt ergründen.