Your Ocean Sound – Portrait: Francisca Rocha Gonçalves

Christel Clerc

Von Christel Clerc
10.06.2021 | 10 Minuten Lesezeit

Im Frühjahr dieses Jahres riefen wir den Hackathon „Your Ocean Sound“ aus. 130 Audiodateien mit biotischen und abiotischen Meeresgeräuschen inspirierten die Teilnehmenden zu fast 30 Kompositionen. In diesem Beitrag stellen wir euch die Teilnehmerin Francisca Rocha Gonçalves vor.

Francisca Rocha Gonçalves - Die Lärmparade

Francisca Rocha Gonçalves - Die Lärmparade

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Lizensiert unter: CC BY-ND | Im Datenportal öffnen

Portrait

Immer war Musik im Leben von Francisca tonführend und sie lernte früh, klassisches Klavier zu spielen. Als sie in ihrer beruflichen Praxis als Veterinärmedizinerin immer wieder zu ihrem primären Instrument, dem Stethoskop, griff, entdeckte sie eine weitere Bedeutungsdimension des Klangs: als Vitalzeichen.

Obwohl mein Hintergrund in den Biowissenschaften liegt und ich einen Abschluss in Tiermedizin habe, war das Geräusch ein entscheidendes Stichwort in meiner täglichen Praxis. Das Stethoskop war mein primäres Instrument, um die Vitalzeichen zu erfassen.

—Francisca Rocha Gonçalves

Foto: Eduardo Rocha Gonçalves
Foto: Eduardo Rocha Gonçalves

Seit 2005 produziert Francisca Musik. Als SINØ legt sie in den Nachtklubs von Berlin und Porto auf. Nun komponiert die Künstlerin und Forscherin Stücke und gestaltete eine immersive Installation, die den anthropogenen Unterwasserlärm und die Unterwasserklanglandschaft für alle hörbar macht.

Indem sie ihre Interessen an Klang, Technologie, Kunst und Wissenschaft verbindet, möchte sie das Umweltbewusstsein in der Gesellschaft erhöhen und die Umwelterziehung durch künstlerische Praktiken und Klangkunst fördern. Ihre große Leidenschaft für Biologie und Musik führte sie auf die Suche nach Synergien zwischen Natur und Sound. Durch die Verbindung dieser beiden Welten versucht sie, neue musikalische Ansätze zu finden, nicht nur für musikalische Kompositionen, sondern auch für Live-Performances.

Ihre Forschungsarbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie wir künstlerische Mittel einsetzen können, um die Erfahrung von ozeanischen Klanglandschaften und deren Störung durch den Menschen zu vermitteln. Dafür schloss sie einen Multimedia-Master in Sounddesign und interaktiver Musik ab. Derzeit arbeitet sie an einer Promotion im Bereich „digitale Medien“, wobei sie audiovisuelle und interaktive Inhalte in einem künstlerischen Kontext erstellt.

Mit ihrer Musik drückt sie sich aus, vermittelt Emotionen und erkundet ihre kreative Seite. Ihre Soundinstallationen und Musik eröffnen Bühnen für Gespräche, und ihr Leitmotiv lautet: Menschen in der universellen Sprache des Klangs zu erreichen.

Wir haben Francisca nach dem Hackathon zu ihrer Komposition und Motivation hinter der Teilnahme befragt:

Francisca, erzähl uns mehr über Deine eingereichte Komposition.

Die Kernbotschaft von Die Lärmparade besteht darin, ein Bewusstsein für Lärmbelästigung zu schaffen. Ich nähere mich dem Konzept der Maskierung, das eines der Hauptprobleme bei Unterwasserlärm ist. Während biologische oder geologische Geräusche zu den natürlichen Elementen einer aquatischen Umgebung gehören und alle Meeresbewohner gut an sie angepasst sind, haben anthropogener Lärm und menschliche Störungen begonnen, einige Aspekte der Tierkommunikation zu beeinträchtigen. Diese neu eingeführten anthropogenen Geräusche stören die Unterwasserwelt, weil sie die Frequenzbereiche der Kommunikation vieler mariner Arten weitgehend betreffen. Mein Stück versucht, dieses Problem detailliert zu beschreiben. Die Komposition enthält ausgewählte biologische Hoch- und Tieftongeräusche, die eine akustische Nische aufzeigen, in der alle Frequenzen wahrgenommen werden können, da jedes Tier seinen spezifischen Bereich hat. Dann tauchen all die anthropogenen Klänge auf und stellen eine Herausforderung dar, die ursprünglichen biologischen Klänge zu hören, die in einigen Teilen des Stücks aufgrund der Überschneidung der gleichen Frequenzen nicht mehr wahrnehmbar sind.

Narrative spielen dabei eine zentrale Rolle. Das Stück ist genau geplant, und die Klänge sind alle gezielt ausgewählt, nicht nur welche Klänge, sondern auch wann sie erscheinen und warum, wobei die Haupterzählung im Hinterkopf behalten wird.

Bohrinsel als Quelle anthropogen verursachten Unterwasserlärms, Foto: Clyde Thomas auf Unsplash
Bohrinsel als Quelle anthropogen verursachten Unterwasserlärms, Foto: Clyde Thomas auf Unsplash

Wie war Deine Erfahrung mit dem Hackathon? Was hat Dir daran besonders gefallen und was nicht?

Es war eine tolle Erfahrung und eine schöne Herausforderung. Es war bereichernd, Zugang zu Geräuschen zu haben und mit ihnen zu arbeiten, an die man normalerweise nur schwer herankommt. Ich habe neue Dinge über Bioakustik gelernt, da einige der vorgestellten biologischen Klänge für mich neu waren. Es war ziemlich einfach, das Datenportal zu nutzen.

Welche Klänge würdest Du gerne im Datenportal haben?

Ich würde mir mehr anthropogene Geräusche wünschen. Aber ich finde es hilfreich, alle Arten von Klängen zur Verfügung zu stellen, die nur in bestimmten Forschungssituationen oder in abgelegenen Gebieten zugänglich sind, so dass es schwierig ist, sie anderweitig zu bekommen. Diese Klänge sind faszinierend und stellen eine Verbindung zu diesen entfernten Orten her, so dass die Menschen mehr über sie erfahren.

Wie bist Du auf Your Ocean Sound aufmerksam geworden?

Durch eine Freundin. Anna ist eine Meeresbiologin, die mit Unterwasserrobotik arbeitet, und sie ist mit meiner Arbeit bezüglich des Bewusstseins für Lärmverschmutzung vertraut. Sie hat mir den Aufruf geschickt.

Warum hast Du dich für die Teilnahme entschieden?

Das Thema hat eine Verbindung zu meiner Forschung. Außerdem hatte ich die Möglichkeit, diese Klänge zu erforschen und mit ihnen zu arbeiten. Für mich war es sehr interessant, die zur Verfügung gestellten Sounds nutzen zu können.

Was hat Dich besonders an den Unterwassergeräuschen gereizt?

Die anthropogenen Geräusche. Der Zugang zu Aufnahmen von Rammarbeiten oder seismischen Untersuchungen kann ziemlich knifflig sein und für mich war es sehr interessant, mit ihnen zu arbeiten.

Würdest Du an einem weiteren Musik-Hackathon teilnehmen?

Ja, auf jeden Fall. Vielen Dank für die Möglichkeit, meine Forschung zu teilen.

Mehr über Francisca erfahrt Ihr auf Ihrer Webseite.

Lust auf Tanzen? Dann hört rein in ein paar von ihren Sets auf SoundCloud

Im nächsten Blogbeitrag stellen wir euch das Studierenden-Duo Alexandra Tamayo und Cathal Kerins vor. Ihre Komposition ist eine Hommage an die Riesenmantas, die infolge der Fischwirtschaft vor den Galapagosinseln stark bedroht sind.